Wie finde ich einen guten Freelancer?

 

Für ein kleines (Software-)Unternehmen ist Zeit noch mehr als Geld eine knappe Ressource. Glücklicherweise kann man Geld gegen Zeit eintauschen. 
Die Rede ist hier davon einen Freelancer / Virtual Assistant oder ähnliches anzuheuern, der euch einen Teil eurer Arbeit abnimmt und ihr ihn (hoffentlich) bezahlt.
Ich selbst nutze VAs bzw. Freelancer für verschiedene Bereiche und will hier ein paar Tipps weitergeben. 

Was ist ein Freelancer bzw. Virtual Assistant eigentlich? 

Beide Begriffe beschreiben Menschen, die ausschließlich für andere, häufig wechselnde Unternehmen bzw. Personen arbeiten. In der Regel arbeiten Freelancer für einige Monate Vollzeit im Rahmen eines Projektes für ein Unternehmen. Der Begriff wird meist im Bereich Programmierer / Designer verwendet. 
Ein Virtual Assistant (VA) macht eher einfachere Aufgaben wie zum Beispiel: Arbeiten mit Excel, Recherche im Internet, Telefonanrufe oder prinzipiell alles, was man über das Internet / Telefon erledigen kann. VAs arbeiten meist für einen längeren Zeitraum für einen Kunden. Viele VAs haben mehr als einen Kunden und arbeiten jeweils in Teilzeit für die verschiedenen Kunden.  Es gibt auch sogenannte Virtual Assistant Agenturen, die mehrere VAs festangestellt haben und ihren Kunden dann auf Stundenbasis zur Verfügung stellen. Je nach Tarif, den man bei einer solchen Agentur wählt, erhält man eventuell noch einen Projektmanager dazu, der die Arbeit aller eingekauften VAs überwacht. Diese Agenturen sind meist etwas teurer, haben dafür aber oft auch Designer oder Programmierer im Haus, falls man alles aus einer Hand kaufen will.
Ich werde die beiden Begriffe hier als Synonyme verwenden, damit ich nicht ständig "Freelancer bzw. Virtual Assistant" schreiben und den Lesefluss stören muss. 

Warum sollte ich einen Virtual Assistant haben?

Weil Zeit Geld ist. Eigentlich könnte ich es direkt dabei bewenden lassen, aber ich will das doch noch gerne etwas ausführen. Wenn ihr – wie ich – jeden Tag acht Stunden für euren Arbeitgeber arbeitet – wieviel Zeit könnt ihr dann am Abend bzw. an den Wochenenden für euer Unternehmen aufbringen? Ich würde sagen: Nicht mehr als 10 bis 15 Stunden pro Woche – maximal!
Da kommt sofort die Frage auf, ob ihr von diesen zehn Stunden nochmal zwei bis drei Stunden für die eher unwichtigen Sachen wie E-Mail lesen und beantworten, Exceltabellen erstellen oder die Buchführung vergeuden solltet. Ein VA kann auch – vor allem wiederkehrende – Aufgaben abnehmen, so dass ihr euch auf die Tätigkeiten konzentriert, die wirklich Geld in die Kasse spülen. 

 

Was kann ein Virtual Assistant für mich machen? 

Im Prinzip kann ein VA so ziemlich alles machen, was über das Internet möglich ist. Ein paar Beispiel: 

  • E-Mails lesen und beantworten
  • Rechnungen an Kunden erstellen
  • eingehende Rechnungen in ein Programm eingeben (z.B. für die Steuer / Buchführung)
  • neue Lieferanten / Kunden / Geschäftspartner suchen
  • Termine vereinbaren bzw. bestätigen
  • Reisen organisieren
  • und vieles mehr

Der Fantasie sind hierbei kaum Grenzen gesetzt. Aus meiner Erfahrung lohnt es sich nicht für einmalige Arbeiten von weniger als zwei Stunden einen VA zu engagieren. Sobald die Aufgabe aber umfangreicher ist oder sich wöchentlich / monatlich wiederholt, sollte man auf jeden Fall darüber nachdenken diese Aufgabe an einen Virtual Assitant auszulagern. 

Bei Freelancern muss das Projekt natürlich auch einen gewissen Umfang haben, sonst lohnt die Einarbeitungszeit – die man ja genauso zahlt – meist nicht.

 

Was kann mir ein Freelancer nicht abnehmen?

Prinzipiell eignen sich VAs und Freelancer eher nicht, wenn die Aufgabe einmalig durchzuführen ist und wenig Zeit in Anspruch nimmt. Dann sind nämlich die Kosten für Suche und Einarbeitung des VAs/Freelancers zu hoch verglichen mit der Zeit, die eingespart wird. 

Wenn ihr darüber nachdenkt ein Design für eine Webseite oder ein eigenes Logo erstellen zu lassen, rate ich eher davon ab es auf dem hier beschriebenen Wege zu tun. Die Designs, die dabei heraus kommen, sind meiner Ansicht nach das Geld nicht wert. Für Website-Designs empfehle ich lieber www.themeforest.com, dort gibt es Designs ab 10-15 USD und das in guter Qualität – ein vergleichbares Design von einem Freelancer kostet leicht um die 200 Dollar! Bei Logos würde ich eher zu einer professionellen Agentur raten. So eine Agentur kostet ab 1.000 Euro, allerdings ist es da das Geld wert, weil man wirklich ein einzigartiges Logo in guter Qualität erhält. 

 

Wieviel kostet mich ein Freelancer?

Die Preisspanne bei VAs bewegt sich im Bereich von 0.50 bis 20 US-Dollar pro Stunde – je nach Qualifikation und ausgeübter Tätigkeit. 

Nach meiner Erfahrung wirken sich vor allem die folgenden Punkte auf die Kosten aus:

·         auszuübende Tätigkeit (Excel kostet weniger als Webrecherche kostet weniger als Programmierung)

·         Sprache des virtuellen Assistenten (Englisch ist deutlich günstiger als Deutsch)

·         Erfahrung des Freelancers

·         Arbeitet der VA direkt für euch oder für eine Agentur (die auch Gewinne machen will)

Ein ziemlicher Preistreiber ist die Anforderung, das der VA deutsch kann: Ich habe noch nie einen deutschsprechenden VA für weniger als etwa 8 US-Dollar gesehen – egal für welche Tätigkeit. Andererseits habe ich selbst schon einen englischsprachigen VA für 0.50 US-Dollar pro Stunde beschäftigt.

Es lohnt sich auf alle Fälle an seinem eigenen Englisch zu arbeiten und Aufträge so oft wie möglich an englischsprachige Virtual Asssistants zu vergeben.

Der zweite wichtige Faktor, der sich auf den Preis auswirkt, ist die ausgeübte Tätigkeit. Es gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Je spezieller eine Tätigkeit ist – d.h. je weniger Menschen die nötigen Fähigkeiten beherrschen – desto teurer der Virtual Assistant beziehungsweise Freelancer. Ein VA, der Daten von einer Exceltabelle in eine andere Tabelle überträgt, kostet weniger als 2 Dollar pro Stunde. Ein Freelancer für die Programmierung einer Webseite in Ruby on Rails oder Node.js kostet 35 Dollar pro Stunde aufwärts.


Wo finde ich einen Freelancer?

Neben den Online- Kleinanzeigen-Portalen wie z.B. Craigslist und eBay Kleinanzeigen gibt es auch einige Portale, die sich auf die Vermittlung von Freelancern und virtuellen Assistenten spezialisiert haben. Das bekannteste Portal für jede Form von Freelancern ist Freelancer.com. Projekte starten hier ab $30 bzw. $2 pro Stunde. Zusätzlich zahlt man bei Vergabe des Projektes noch eine Gebühr an den Betreiber. Ich habe dort zwar auch schon Freelancer engagiert, rate aber mittlerweile davon ab dieses Freelancer-Portal zu verwenden.

Mittlerweile empfehle ich für die Suche nach virtuellen Assistenten und Freelancern oDesk.com . Dieses Portal funktioniert fast genauso wie Freelancer.com, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Durch das sogenannte „Work Diary“ kann man seinen VAs bzw. Freelancer bei der Arbeit über die Schulter schauen. Das Work Diary legt etwa alle 6 Minuten einen Screenshot des Bildschirms eures virtuellen Assistenten an, so dass ihr gut kontrollieren könnt, ob der VA wirklich arbeitet und ob er so arbeitet, wie ihr euch das vorstellt.
Ich empfehle gerade in der Anfangsphase relativ engmaschig die Tätigkeiten zu überwachen. Weniger, weil ihr fürchten müsst, dass der virtuelle Assistent auf Facebook surft, sondern um herauszufinden, ob der VA so arbeitet wie ihr euch das vorstellt.  Interessant ist das vor allem bei Webrecherchen, da ihr sehen könnt, welche Keywords er verwendet und so weiter.

 

Wie finde ich einen guten Freelancer?

Einen wirklich hervorragenden Freelancer oder virtuellen Assistenten zu finden, ist gar nicht so einfach. Ich habe selbst schon mit GetFriday.com, Strandschicht.de, Freelancer.com und oDesk.com gearbeitet, um einen virtuellen Assistenten oder Freelancer zu engagieren. Meine Erfahrungen mit GetFriday.com und Strandschicht.de sind durchwachsen. Bei den Agenturen ist es so, dass man einen VA zugeteilt bekommt und meist nicht mehr als einen Lebenslauf erhält. Auf Grund dieses Lebenslaufes eine Aussage über die Qualität des VAs zu treffen, fällt mir persönlich sehr schwer. Mein erster VA bei GetFriday hatte einen indischen Universitätsabschluss in Computer Science, was erstmal super gut klingt. Allerdings habe ich ihr alles mindestens drei Mal erklären müssen, bevor es ungefähr so lief wie ich wollte.
Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur das weiter unten beschriebene Vorgehen empfehlen.
Bei Freelancer.com und oDesk.com finde ich es schon deutlich einfacher eine Vorauswahl zu treffen. Das liegt zum einen daran, dass hier die Bewerber in großer Zahl auf einen zukommen. Wenn man hundert Kandidaten hat, fällt es nicht so schwer 95 davon abzulehnen, weil man immer noch fünf Leute zur Auswahl hat. Außerdem gibt es bei oDesk.com eine Menge an verschiedenen Tests, die die Freelancer absolvieren können. Beispiele: „English Spellling Test“, „Programming with C# Test“ oder „Outbound Sales Skills Test”. Man kann also darauf achten, dass potentielle virtuelle Assistenten die relevanten Tests bestanden haben. Außerdem zeigt oDesk.com an, ob der Tests in den oberen 20, 10 oder 5 Prozent oder gar als Bester bestanden wurden. Erfahrungsgemäß sind Top-Leute nicht nur auf einem Gebiet gut, sondern haben mindestens drei oder vier Tests in den besten 10 Prozent bestanden. Darauf achte ich, wenn ich einen langfristigen Freelancer für eine Aufgabe suche. Zusätzlich bietet oDesk.com ein Ratingsystem und diverse weitere Filtermöglichkeiten.  

Die wichtigste Regel bei der Arbeit mit einem VA oder Freelancer ist: Feuern!
Wenn ihr merkt, dass es mit dem VA nicht so klappt wie ihr euch das vorstellt, feuert ihn! So schnell wie möglich! Geht zurück und sucht euch einen neuen VA und probiert es mit diesem. Wiederholt dieses Schema so lange bis ihr den richtigen virtuellen Assistenten für euch gefunden habt. Das Glück ,auf Anhieb einen guten Freelancer zu finden, ist selten.

 

Wie gehe ich genau vor?

Immer noch im Unklaren darüber wie man jetzt genau einen guten VA findet? Also gut, dann gibt es eben eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.  Als Beispiel suchen wir einen virtuellen Assistenten bzw. Freelancer, der für uns die 100 größten Physiotherapie-Praxen (als potentielle Kunden für Termin-Erinnerungen.de) in Deutschland heraussucht. Für diese Suche sind Deutschkenntnisse zwingend erforderlich.

 

  1. Gehe zu oDesk.com und logge dich ein (oder melde dich an)
  2. Klicke auf „Post a Job“

a.       Category: „Sales & Marketing

b.      Subcategory: „Market Research & Surveys

c.       Job Title: „Find the 100 biggest physical therapy practices in Germany”

d.      Description: Folgt weiter unten

e.      Skills Required: internet-research, german

f.        Job Type: Hourly

g.       Estimated Duration:  Less than 1 month

h.      Estimated Workload: As needed

i.         Advanced Options aufklappen

j.        Feedback Score: at least 4

k.       Test passed: German Sentence Structure Test

l.         Hours Billed on oDesk: at least 1 hour

3. Job Posting veröffentlichen und abwarten

 

Die Beschreibung sollte folgende Punkte enthalten:

·         Eine möglichst exakte Beschreibung der Tätigkeit. In diesem Fall sollte vor allem angegeben werden, nach welchem Kriterium eine Praxis als „groß“ angesehen wird – zum Beispiel Anzahl der Mitarbeiter. Außerdem sollte erwähnt werden, welche Daten über die Praxis zu sammeln sind (Anzahl Mitarbeiter, URL, E-Mailadresse, Telefon)

·         Die Aufforderung, die Bewerbung auf Deutsch zu senden

·         Hinweise darauf, wie der Auftragnehmer am Ende ausgewählt wird (Gespräch per Skype? Testauftrag? )

Wenn nach einiger Zeit genug Bewerbungen eingegangen sind, kommt der spannende Teil: Das Ausfiltern der unbrauchbaren Bewerber.

Zunächst werden alle Bewerber ausgefiltert, die NICHT auf Deutsch geantwortet haben: Entweder sie können gar kein Deutsch oder sie waren zu faul die Beschreibung sauber zu lesen. Egal woran es liegt, damit sind sie unbrauchbar als Virtual Assistant. Alleine damit wird man gut 80-90 Prozent der Bewerber ausfiltern können. Anschließend geht man die (wenigen) verbleibenden Bewerber einzeln durch und prüft:

·         Wieviele Stunden hat der Bewerber schon auf oDesk gearbeitet?

·         Welche Bewertungen hat er erhalten? Für welche Projekte?

·         Wie hoch ist der Stundenpreis des Bewerbers?

Auf Basis dieser Eigenschaften baut man sich dann sein eigenes Ranking, antwortet und dankt(!) den Kandidaten für die Bewerbung und vereinbart ein Gespräch via Skype. In dem Gespräch stellt man einfach einige Fragen wie zum Beispiel:

·         Erzählen Sie von Ihren Erfahrungen auf diesem Gebiet

·         Wie wollen Sie bei der Suche vorgehen?

Im Anschluss sollte man genug Informationen über die jeweiligen Kandidaten für den Posten des virtuellen Assistenten haben, um einen oder zwei davon auszuwählen. Wenn man sich noch nicht sicher ist, dann kann man den besten zwei oder drei Kandidaten immer noch ein kleines Testprojekt geben. In diesem Fall ist aber der Umfang so gering, dass ein Testprojekt (für das man bereits zahlen sollte!) sich kaum lohnt.  

 

 

Was sind eure Erfahrungen? 

Welche Erfahrungen habt ihr mit virtuellen Assistenten und Freelancern gesammelt? Welche Tipps habt ihr für uns? Ich freue mich darauf diese Tipps in den Kommentaren zu lesen!

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About Christoph

Christoph lives in Munich, Germany and is bootstrapping his own SaaS application as a part-time entrepreneur.

He likes to write on this blog about anything of relevance to single-founder bootstrapped software startups.

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